Pferdetrekking im Kühtai

Somi, Joki, Hjörvar, Grimnir und Vaka gehören zu jenen Saisonarbeitern, die ihren Sommer zwischen pink blühenden Alpenrosen, schneebedeckten Gipfeln und unzähligen Hektar Weideland verbringen dürfen. Die fünf Isländer arbeiten, wie...

Somi, Joki, Hjörvar, Grimnir und Vaka gehören zu jenen Saisonarbeitern, die ihren Sommer zwischen pink blühenden Alpenrosen, schneebedeckten Gipfeln und unzähligen Hektar Weideland verbringen dürfen. Die fünf Isländer arbeiten, wie fast alle hier in dem kleinen Tiroler Dorf, im Tourismus. Denn hier, mitten in den Bergen gibt es, außer im Tourismus, nicht viele Arbeitsplätze.

Vier der Arbeiter beim Schuften. Mit Ausblick.

Ihr Job gehört wohl zu einem der begehrtesten im Tal. Leider kann er aber nur von starken Vierbeinern besetzt werden, denn genau das sind die fünf feschen Arbeiter. Islandpferde, die übrigens nicht Ponys genannt werden wollen und stolz über die ehemalig kaiserlichen Grünflächen traben oder, wenn sie gerade Lust verspüren, auch tölten, denn das ist ihre versteckte vierte Gangart, deren Geheimnis nur die Isländer mächtig sind. 

Die fünf sind eine eingeschworene Bande und nun bereits den zweiten Sommer im Kühtai. Harald Kutzborra hat sie hierher gebracht, nachdem Christian Graf zu Stolberg-Stolberg, der Besitzer des Jagdschlosses, das heute ein Hotel ist, den Reitstall vor zwei Jahren neu verpachtet hat. Edle Tiere, die in Wettkämpfen antreten, können nun auf 2000 Metern Seehöhe ihr Höhentraining absolvieren, rote Blutkörperchen anreichern und beim Anblick der Berge einfach mal Abschalten beim Abgrasen.

Zum Innehalten wird man hier auch als Reiter angehalten. Denn ab dem Jagdschloss übernehmen die fünf Isländer. Und die nehmen ihre Arbeit sehr ernst. Denn dann geht es bergauf und bergab mit unterschiedlichen Ausflugszielen, je nachdem, für wie lange man das Glück am Rücken der Pferde genießen möchte. Anfänger sitzen eine Stunde am Pferd und werden erstmals geführt. Sobald die Trekkingführer den Schüler als gut genug einschätzen, können weitere Ziele anvisiert werden. In vier Stunden erreicht man zum Beispiel ein beliebtes Ausflugsziel, die Drei Seen Hütte auf einer Höhe von ca 2300hm, wo man kurz rastet und eine gute Jause zu sich nehmen kann. Tagestouren werden den Reitkünsten der Reiter angepasst und können individuell gestaltet werden. Da geht es dann über Stock und Stein, durch den Wald und weiter über Almenwiesen, von denen 20 Hektar Land immer noch dem Grafen gehören.

Das Jagdschloss ist heute ein Hotel.

Er selbst ist hier aufgewachsen und weiß die Abgeschiedenheit und Schönheit zu schätzen, kennt die Geschichte und spricht selbst mit einer Faszination über den Ort. Das Hotel, das er führt und in dem kürzlich Snowboard Legende Shaun White residiert hat, ist den Sommer über geschlossen. Ein kurzer Blick in den Vorraum und die Stube lässt die Gemütlichkeit an einem verschneiten Wintertag jedoch leicht erahnen.



Es ist das älteste Haus im Kühtai und wurde erstmals 1280 urkundlich erwähnt. Nach einigen Besitzer-Wechseln kaufte 1873 Kaiser Franz Josef I das Jagdschloss für sich und vermachte es nach seinem Tod seiner Tochter Valerie. Christian von Stolberg-Stolberg, „der Graf“ wie er hier genannt wird, ist ein echter Ur-Urenkel von Kaiser Franz Josef I und Kaiserin Elisabeth, die auch Namensgeberin des Reitstalls ist. Ob diese wohl auch schon den Vorteil der Höhe und des Trainings im Gebirge erkannt hat? Stürmisch, Natur liebend und eine passionierte Reiterin war sie den Erzählungen nach auf jeden Fall.

Aufgezäumt und gesattelt wird direkt vor dem Reitstall.

Fesch sind sie, die Isländer.

Besonders pittoresk: die blühenden Alpenrosen am Wegrand Ende Juni.

Auch für die Tiere ist die Zeit hier (trotz der Reiter die von A nach B getragen werden wollen) eine Auszeit, denn in der Höhe gibt es kaum Fliegen und schon gar keine lästigen Stechmücken. Die Haut der Tiere ist ebenmäßig und das Fell glänzt richtig zwischen dem saftigen Grün der Weiden hervor.

Es dauert nicht lange und ich bin dem Märchenzauber des Anwesens verfallen. Und dann darf auch ich endlich in den Sattel steigen und testen, wie viel von meinen Reitkünsten noch tief in mir schlummert und wie viel davon sich wohl wieder aufwecken lässt. Anfangs ist alles ungewohnt, das Tier unter mir bewegt sich und ich versuche den richtigen Rhythmus zu finden. Langsam wirkt alles etwas natürlicher und Harald, der meinen Isländer bisher am Halfter gehalten hat, lässt Somi los.

Es ist ein kurzer Ausritt, der wie im Nu verfliegt. „Nächstes Mal könnten wir zur Alm reiten. Oder durch den Wald!“ höre ich als wir wieder unten ankommen. Ich nicke freudig und freue mich schon jetzt wie eine junge Kaiserin darauf.

Fotos und Text von Lea Hajner

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